Through the middle of nowhere

Reisetagebuch Russland   30.+31. August 2018 - Tag: 540 km - Gesamt: 6732 km - Eintrag: Michaela & Udo

Von Arsanas nach Saratow (Russland)

Durchstich nach Süden steht auf unserem Reiseplan. Mit der Wolga soll es bei Saratow ein Wiedersehen geben und dann weiter nach Wolgograd. Wellt sich die Landstraße hinter Arsamas an der P158 noch fröhlich auf und ab und erfreut das Bikerherz mit dem einen oder anderen Straßendorf oder den uns bereits vertrauten, landwirtschaftslosen Sumpf- und Birkenwaldgebieten. Ab Uzhovka öffnet sich das Land, streift alle Wälder und Büsche ab, wird weit, weiter, am weitesten. Ein endloser Horizont spannt sich über einer dunstigen, windigen Weite. Auf den Feldern mit schwarzer Erde ziehen Traktoren lange Staubfahnen hinter sich her und die abgemähten Weizen-, Mais- und Sonnenblumenfelder haben keinen Horizont. Die Hügel sind riesig, monumental, wie alles in Russland und die Farbe der Erde changiert zwischen ackerbraun und tonerdeschwarz. Auch hier haben Sommerhitze und Trockenheit mächtig zugeschlagen. Wir staunen mal wieder über dieses Land, in dem du als Reisender ganz klein bist, dir oft verloren vorkommst, wenn die riesigen LKW an dir vorbeidonnern und die Straße sich wie ein glänzendes Band in die Weite streckt. 

 

Erinnerungen an die Landschaften im Mittleren Westen der USA. Great Plains East und unsere CRFs wären an diesen beiden Tagen lieber Harleys, die mit tiefem Bollern diese russischen Highways entlangziehen. Doch leider hat die Wunschfee Urlaub und so tuckern wir eben mit den Einzylindern um Saransk herum. Es gibt eine Umgehungsstraße - perfekt! Jede russische Großstadt kann ab 16 Uhr ganz besonders gut den Feierabendverkehrsstau, der die Motoren zum Kochen und die Kupplungshand zum Krampfen bringt. Für den Abend haben wir ein kleines Hotel westlich von Penza gebucht. Onkel Tom führt uns ab von der Schnellstraße und wir glauben es kaum, dass hinter der Ortschaft, den letzten Häusern, der Kurve, dem Hügel, dem Feldweg noch eine Unterkunft sein kann. 

 

Surprise: Wir landen in einem russischen Wellness-Hotel, in dem wir doch tatsächlich mit einem weiteren Pärchen die vier einzigen Gäste sind. Schon ein wenig bizarr, denn es ist wirklich eine Wohlfühloase mit kleinem See, putziger Promenade und Picknickplätzen. Alles schon ein wenig abgeblättert, vernachlässigt, verrostet, auffrischungsbedürftig, so als hätte man vergessen, dass es abseits der Hauptrouten noch Schönes zu entdecken gibt. Elena serviert zum Abendessen, ist aus der Ukraine, hat lange auf Zypern gearbeitet und freut sich, dass sie seit fünf Jahren endlich mal wieder Englisch mit jemandem sprechen kann. Sie staunt: Touristen aus Deutschland! Stolz berichtet von ihrer Tochter, die an der Uni in Penza Bauingenieurwesen studiert. Es wird ein schöner Abend und wir haben sie wieder einmal gefunden: die kleinen Perlen der Begegnungskultur auf dieser Reise. 

Am Tag darauf soll es nach Saratow gehen, um die Wolga wiederzusehen. Die Straße hat sich nicht wesentlich verändert, so dass wir stoisch Kilometer um Kilometer abspulen. Die Landschaft schmückt sich wieder mit Grün, mit kilometerlangen Birkenreihen, die wie Knicks die Felder begrenzen und vor der Winderosion schützen. Dazwischengetupft kleine Dörfer mit bunten blechgedeckten Häusern und sandigen Zufahrten. Eine Stunde vor der Ankunft in Saratow bremsen wir vor einem Straßencafé - und Bingo, ein Volltreffer! Das „кофе" entpuppt sich als vollwertiges Restaurant; wir schlemmen mit russischen „Maultaschen“, knackigem Salat, trinken Chay und bringen die jungen Frauen, die uns bedienen, zum Lachen, als wir zu ihren Lieder, mit denen sie lautstark das „restoran“ beschallen, Tanzbewegungen machen. Ja, das sei es, was die russischen Jugendlichen gerne hören. Und darauf könne man auch prima tanzen. Einfach toll, dass es einen Translator auf dem Handy gibt und eine auf Russisch umschaltbare Tastatur…

 

In Saratow empfängt uns ein Verkehrkollaps der totalen Art und wir stauen uns meterweise voran in Richtung des vorgebuchten Hotels. Doch dieses Mal versagt Onkel Tom, da er die kleinen Nebenstraßen nicht kennt und wir drehen uns im Kreis von Stau zu Stau. Meine Nerven! Nach zwei Stunden geben wir entnervt und völlig durchgeschwitzt auf. Die Stadt will uns nicht und von der Wolga weit und breit keine Spur. Wollten wir heute Abend noch über die 3 Kilometer lange Wolgabrücke rüber nach Engels und zurück, würden wir für die 40 Kilometer wahrscheinlich vier Stunden brauchen. No way! Udo schlägt vor, schon mal  Richtung Wolgograd zu fahren. Irgendwas Buchbares werde unterwegs ja wohl noch kommen. Im Stadtzentrum rettet uns dann ein Schild: „Отель Загреб“ - Otel’ Zagreb. Einchecken und Zimmer beziehen, gerade rechtzeitig, bevor die Nacht vom Himmel fällt. In Saratow beginnt eine neue Zeitzone und es fehlt uns zu Deutschland eine weitere Stunde. Um halb acht ist es dunkel. Drei Bier vom Supermarkt nebenan und wir fallen todmüde ins Bett. Morgen geht es nach Wolgograd! -

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Kommentare: 1
  • #1

    Мира Рейх (Samstag, 01 September 2018 10:33)

    Вы супер!

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