Die Nacht hätte erholsam sein können, gäbe es da nicht diesen emsigen Kompressor hinter dem Haus direkt unter unserem Hotelzimmerfenster. Die Erfinder von Oropax bekommen auf dieser Reise gleich mehrere Nobelpreise verliehen... OK, dafür entschädigt das opulente Frühstücksbüfett im Motel Atahalan reichlich für das brummselige Nachtkonzert und wir quetschen erst gegen halb zehn einen gut gefüllten Hängebauch hinter die Tankrucksäcke.
„The long way home“ gestaltet sich auch in den Morgenstunden noch anhaltend feucht. Das Schwarze Meer drückt klimatisch mit Saunabädern über die Höhen der Küre Dağları und dekoriert dunkelgrüne Büsche und Bäume an die Berghänge. Über Ilgaz und Kurşunlu powert die vierspurige Landstraße in 12-1300m Höhe zielstrebig nach Gerede, verknotet sich anschließend mit der von Ankara nach Istanbul pfeilenden E89 und turnt zu guter Letzt über den quicklebendigen, von unzähligen Kahvalte- und Köfte-Lokantas, Buden und Verkaufsständen flankierten Fakılar Geçidi-Pass (1050m) hinab in die Ebenen des Düzce Ovasi-Tales. Anatolien atmet aus, legt Obst- und Gemüsefelder an, wird zum kultivierten Nutzland und ist im gleichen Atemzug übervölkert. Bereits der zwischen D100 und E80 eingeklemmte Sapanca Gölü im Südwesten der Großstadt Adapazari hat jede Unschuld einer Seenlandschaft verloren und verfolgt angewidert die LKW-Rallye hinüber nach Izmit und Derince, wo der Weg direkt an einem Blinddarm des Marmarameeres entlang in die 20-Millionen-Metropole Istanbul führt.
Nein danke, diesmal ersparen wir uns den Großstadtdschungel, umrunden den Izmit Körfezi südküstig, winken den Fähren von Topçular und Yalova auf ihrem Weg nach Eski Hisar und Istanbul und versaufen kurz darauf in dem dichten Verkehrsgedrängel Richtung Bursa. Ein ungemütlicher Nachmittag und ich bereue es bald, nicht doch nach Mudanya direkt ans Meer abgebogen zu sein, um eben dort nach einer Unterkunft Ausschau zu halten. Stattdessen lassen wir uns von den Hotel-POIs des Garmin weit hinaus über den Ulubat Gölü nach Karacabey ziehen und landen prompt in der besten Bruchbude der Stadt.
Wahrscheinlich haben schon viele Navi-User diese leidvolle Erfahrung gemacht: Man folgt nicht mehr primär dem eigenen „Riecher“, sondern verfällt der vermeintlichen Sicherheit von POI-Listen - besonders bei hereinbrechender Dunkelheit oder gar nachts, wenn es „pressiert“, weil man wider besseren Wissens das Tagestiming überzogen hat. Egal, die Motorräder dürfen auf dem Trottoir direkt vor der Rezeption des „Toru Hotel“ nächtigen, und wir finden am späten Abend in der sympathisch aufgeweckten Innenstadt Karacabeys noch eine von jungen Türken geführte Lokanta, die unsere knurrenden Mägen mit scharf gewürzten Lamm-Mett-Taschen versorgen. Alles bestens also – unterm Strich…
Kommentar schreiben