Welcome, welcome, liebe Mitreisende!
So, wir haben die Lücken geschlossen. Die Reisetage 6.-10. August findet Ihr nun ebenfalls im Blog. Und Ihr seht an der heutigen Überschrift: Wir haben es uns gut gehen lassen. Aus zwei Nächten in Shiraz wurden derer vier. Zeit genug, um in Ruhe (sofern dieses Wort für diese Stadt zutreffen mag...) die wunderschöne Stadt der "Rosen und Nachtigallen, der Blumen und der Parks, der Moscheen und Märkte" anzuschauen. Man kann nicht nur immer essen, es gilt auch mal zu verdauen...
Und wir waren natürlich am eigentlichen Ziel unserer Reise: P E R S E P O L I S. Und zugegeben, wir sind noch völlig benommen und auf Wolken von dem gestrigen Ausflug in die Antike. Doch der Reihe nach...
Grab- und Gedenkstätte des Poeten Hafez (Hafis)
Unsere erste Station ist das Grab des berühmten Dichters Hafez (deutsch zumeist Hafis) am Ende des Bolvar-e Emam Khomeini, der zusammen mit dem Poeten Sa'di im gesamten Land und auch über die Grenzen des Iran hinaus bekannt ist. Hafis hieß mit richtigem Namen Muhammad Shamsuddin, wurde 1320 geboren und starb 1389 in Shiraz. Seinen Gedichtband "Diwan" kennt jeder Iraner und oft werden seine Seiten willkürlich geöffnet, um dann aus dem zufälligen getroffenen Vers die Zukunft zu deuten. Diesem Brauch folgen auch Versdeuter am Eingangstor zur Grabstätte und in den Gassen der Bazare, die den Passanten bunte Verszettel zustecken oder sie - wie wir auf dem Nomadenbazar selbst sahen - von einem Singvögelchen aus einem dicken Stapel "ziehen" lassen. Wenn man für diesen Dienst bezahlt, so hat der Versdeuter sicherlich nichts dagegen...
Die Gedichte des "Diwan" handeln von Anbetung und Liebe, klagen alle Kleingeister und Sektierer an. Dagegen preisen sie die Tiefe der menschlichen Seele und fordern die Menschen dazu auf, das Leben mit allen Sinnen wahrzunehmen und zu empfinden. Erst dann könne man den wahren, tiefen Sinn des Daseins erfahren. Aus unserem Hafis-Bändchen mit Liebesgedichten haben wir für Euch weiter unten ein Verslein herausgegriffen, mit den besten Wünschen für Eure Zukunft sozusagen...
Hafis' Grab befindet sich in einem luftigen Pavillon und in einem äußerst gepflegten Park. Im Zentrum der Kuppel liegt leicht erhöht ein mächtiger Marmorstein, auf dem Verse des Dichters eingraviert sind. Die Iraner verweilen dort voller Ehrfurcht, berühren seinen Grabstein und rezitieren dabei Verse des Poeten. Hafis beeinflusste übrigens auch Wolfgang von Goethe, nachdem dieser sich intensiv mit dem Werk des großen Persers auseinandergesetzt hatte.
Wenn aus dem Becher des Ostens
der Sonnenschein sich ergießt,
entsprießen tausend Tulpen
dem Garten deines Gesichtes.
Wenn der Duft deiner Locken
sich in der Au entfaltet,
eilt der Wind herbei,
das Hyazinthensiegel zu brechen!
So ist die Kunde der Nacht, die
den Liebenden trennt von der Geliebten,
dass hundert Bücher nicht reichen,
ein Teilchen davon zu schildern!
Hafis
Mausoleum "Ali ebne hamze"
Die zweite Station führt uns zu einem Mausoleum eines Heiligen. Es ist die Grabstätte „Ali ebne hamze“, die im Innern mit Abertausenden von kleinen Spiegeln. Die Menschen kommen hierher, um zu beten und am Schrein des Heiligen Ali niederzuknieen. Männer und Frauen haben natürlich getrennte Eingänge und ich bekomme einen Chador umgehängt, bevor ich die heilige Stätte betreten darf. Im Innern kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus… Alle Gebetsräume, der Saal mit dem Schrein von Ali ebnem Hamse und das Innere der Kuppel sind mit tausenden von Spiegelchen ausgekleidet. Seht selbst!
Chador ist Pflicht - nicht nur für Muslime...
Moschee Masdjed-e Vakil
Die dritte Station geht in die Altstadt zu einem der beeindruckendsten Bauwerke von Shiraz, der Moschee Masdjed-e Vakil. Sie folgt dem Vorbild einer arabischen Hofmoschee. Um einen rechteckigen Innenhof mit Wasserbecken zur Reinigung vor dem Gebet sind zwei Iwane angeordnet. Im Gebetsraum befinden sich 48 Säulen und zur Gebetskanzel, der Minbar, führt eine prachtvoll gearbeitete Marmortreppe. Zur Besichtigung haben wir einen älteren, ärmlich gekleideten Iraner als Führer, der sich ein wenig Zubrot damit verdient und die Moschee aus Kindheitstagen kennt. Zahnlos, doch mit beachtlicher Verve und einem immer noch brennenden Feuer in den Augen berichtet er von den islamischen Bräuchen und von der Geschichte der Schiiten. Fünf Sprachen hat er sich autodidaktisch beigebracht und auf handgeschriebenen Zetteln preist er ebenso mehrsprachig seine Dienste an. Wir sollen ihm bezahlen, was wir für richtig halten, geben ihm 100.000 Rial (etwas über 2 Euro) und ernten ein überglückliches „Merci, chodâ negah-dâr“ (Gott schütze Sie!).
Das Mausoleum von Shah Cheraq
Für das berühmte Heiligengrab von Shah Cheraq haben wir uns nicht ganz den richtigen Tag ausgesucht. Schon am Morgen ist es dämpfig und schwül, eine unangenehm drückende Hitze liegt auf der Stadt und jede Bewegung fordert Überwindung. Direkt gegenüber dem Musoleum mit der weithin sichtbaren Tropfenkuppel springen wir aus dem Taxi und werden jäh heruntergebremst: Frauen haben nur mit Chador Zutritt, alle Kameras und Fotoapparate sind abzugeben, Nicht-Gläubige dürfen die Innenräume mit den Schreinen von Seyyed Mir Ahmad, einem Bruder des in Mashad bestatteten 8. Imams Reza, und von Ali Ibn Hamzeh, einem weiteren Bruder des Imam, nicht betreten. Kaum haben wir den weiten Innenhof der Anlage betreten, greift uns ein Führer ab und begleitet uns beim Rundgang. Keine Chance, ihm zu entkommen. Aber kein großes Bedauern: Allein die Atmosphäre des mit Gebetsteppichen ausgelegten Innenhofes ist einen Besuch wert. Wohl an die zweihundert Pilger und Gläubige ruhen sich dort aus, beten oder meditieren. Der quadratische Hof ist mit Arkaden umfasst, unter denen Besucher übernachten. In einem der Räume dahinter scheint ein Heim für Waisenkinder untergebracht zu sein. Jedenfalls sind wir plötzlich von zehn, fünfzehn Kindern umringt, werden mit ein paar Brocken Englisch "ausgefragt" und auf Tuchfühlung nah "untersucht".
Vor den Eingängen zu den Schreinen der Heiligen stehen die Wartenden in langen Schlangen. Wir erhaschen einen Blick auf die mit goldenen Spiegeln opulent dekorierten Gewölbe. Das Grab selbst ist an Pracht wohl kaum zu überbieten und wird ehrfurchtsvoll "Schah des Lichts" genannt. Rund um das Grab verrichten Gläubige Gebete oder legen Gelübde ab. Dabei streichen sie mit den Fingern über die versilberten Gitterstäbe, berühren sie gar mit den Lippen oder der Stirn, damit ein kleiner Teil der Aura des Heiligen auf sie übergehen möge. Die Plastikscheiben, welche das Grab umgeben, sind an ein paar Stellen durchbrochen, damit die Gläubigen kleine Geldgaben hindurchstecken können. Dabei soll es nicht auf die Größe des Geldscheines ankommen, was bei der derzeitigen Inflation des Rial wohl eher schwierig sein dürfte...
Unser strenger Führer ist so freundlich, uns aus seinem Büro ein paar Fotos zu holen, sozusagen als Ersatz für die entgangenen Sinnesfreuden. Selbstverständlich könnten wir, nachdem er sich am Ende verabschiedet hat, das Verbot auch austricksen und die Chador-getarnte Michaela "einschleusen". Aber ist es nicht auch eine Frage des Respekts, sich an die Spielregeln einer fremden Religionsgemeinschaft zu halten? Nach einer guten Stunde Faszination verlassen wir Shah Cheraq und widmen uns weltlicheren Genüssen - den bunten Basaren von Shiraz.
Stadtfestung Karim-Khan-Zand
In der Stadtmitte, direkt am Karim Khan Zand-Boulevard liegt die alte Stadtfestung, füher einmal die Residenz des Herrschers. Sie stammt aus der Zand-Zeit (1750-94), gleicht einer Bastei und ist an ihren vier Ecken mit mächtigen Türmen verstärkt. Die wehrhafte Ausstrahlung der gesamten Anlage wird durch einen Ziegelversatz an den Ecktürmen angenehm aufgelockert. Einer dieser Türme ist fast so schief wie der berühmte Turm von Pisa… Die häufigen Erdbeben in der region und ein nicht völlig stabiler Untergrund sind dafür verantwortlich. Über dem Haupteingang befindet sich ein Fliesenfeld, das den Helden "Rostam" darstellt.
Am Abend ist es rund um die Festung besonders schön. Auf den parkähnlich angelegten Banketten liegen und sitzen die Menschen, unterhalten sich und treffen Verabredungen für den Abend. Sparsam illuminiert bietet die Festung einen stimmungsvollen Hintergrund.
Abends in Shiraz
Bazar-e Vakil
Von einem Basar Shiraz' zu sprechen, ist im Grunde genommen stark untertrieben. Die offenen und gedeckten Basare der Stadt erstrecken sich über viele, viele Gassen und man verliert beim Bummeln allzu leicht die Orientierung. Gleich neben dem Mausoleum leigt der quirlige Nomadenbasar, über den wir in das Labyrinth einer pittoresken orientalischen Handelswelt vordringen. Zwischen den Auslagen und Ständen Tausender Händler könnte man Tage verbringen, ohne sich auch nur eine Sekunde lang zu langweilen. Der schönste Teil des Basarterrains ist der alte, traditionelle Bazar-e Vakil gleich neben der Vakil-Moschee. Hier findet man vorwiegend Stoffe, Tuche, Gewürze, Teppiche und bunte Kleidung, die hauptsächlich von Nomadinnen eingekauft wird.
Wir verbummeln gut drei Stunden, treffen unzählige Menschen, die wissen wollen, woher wir sind, ein Weilchen mit uns mitgehen, uns ihre Familie vorstellen, ja, sogar Einladungen zum Essen aussprechen. Welche Nähe, welche Herzlichkeit, welche menschliche Wärme! Genießt die Bilder, liebe Besucher unserer Website, und seid herzlich willkommen auf dem Bazar-e Vakil von Shiraz.
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Duttenhofer Sonja (Dienstag, 13 August 2013 19:12)
Liebe Stalekers,
wollte nur mal kurz reinschauen... bin gnadenlos "versumpft", weil ich ständig "mehr lesen" angeklickt und alle Fotos angeschaut habe. Nur mein fast verbrannter Kuchen (eine Stunde Backzeit) hat mich wieder zurückkatapultiert aus dieser anderen Welt. So kurz vor unserem Reiseantritt zu den Fjorden in Norwegen war das ein sehr sehr schönes Reise-Miterlebnis. Alles alles Gute noch und "gute Verdauung" wünscht
Sonja Duttenhofer
Die Katerbetreuer (Dienstag, 13 August 2013 20:54)
Glückwunsch zu Eurer wunderbaren Reise in den Orient. Wir sind begeistert und können
uns fast nicht trennen von Eurem Blog. Der Schnurrer freute sich sehr, grüßt euch herzlich
und sehnt Eure glückliche Heimkehr herbei.
Matthias Last (Mittwoch, 14 August 2013 11:41)
Ich fühle mich zurückversetzt in meine Kindheit, in der mich Märchen aus 1001 Nacht verzaubert haben. Ich komme nicht umhin zu betonen, dass ich etwas neidisch auf diese tollen Erlebnisse bin. Viele weitere phänomenale Eindrücke und eine gute Fahrt!
Elfi Veeser (Donnerstag, 15 August 2013 21:42)
Wie könnte man den Tag besser beenden als mit solchen Bildern! Die Faszination lässt mich nah bei Euch sein trotz der riesigen Entfernung und vielleicht kann ich ja heute Nacht davon träumen. Ich wünsche Euch eine gute Heimreise mit noch vielen Highlights.
Denny (Sonntag, 03 November 2013 08:55)
Ei, da hätten wir uns ja tatsächlich von Mopped zu Mopped zuwinken können vor ein paar Wochen! Es ist schön zu sehen, daß noch jemand dieses tolle Land abweichend von der breiten Meinung in das ihm gebührende Licht rückt.
Mamnun und khoda hafez.